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0_1Das Universale Haus der Gerechtigkeit0_219. März 20250_3An die Bahá’í der Welt0_4Innig geliebte Freunde,1das Wesen der blühenden Gemeinden, welche die Bahá’í-Welt bestrebt ist aufzubauen, hat tiefgreifende Auswirkungen auf die Familie. In der Familie wird der Mensch geboren und erzogen und in der Familie beginnt er, über das Zusammenleben mit anderen zu lernen. Die Familie ist der Grundbaustein der Gemeinschaft und darüber hinaus der gesamten Gesellschaftsordnung. Eine Gesellschaft, die den Anforderungen des Zeitalters der Reife der Menschheit gerecht werden soll, erfordert daher sowohl ein reifes Verständnis von Familie als auch die Fähigkeit, die aus diesem Verständnis abgeleiteten Erkenntnisse auf die Beziehungen auszudehnen, die die Nation und die Welt gestalten. „Eine Familie ist eine Nation im Kleinen“, erklärt ‘Abdu’l-Bahá. „Die Bedingungen, welche die Familie betreffen, betreffen auch die Nation.“ Über ein neues Muster des Familienlebens zu lernen, ist daher ein integraler Bestandteil des Bemühens um die Freisetzung der gesellschaftsbildenden Kraft des Glaubens.2Im Laufe der Geschichte hat die Familie verschiedene Formen angenommen, die den Erfordernissen der verschiedenen Phasen der sozialen Entwicklung der Menschen entsprachen. Mit dem Voranschreiten der Gesellschaft stießen Regelungen und Definitionen, die in einem früheren Zeitalter vielleicht von Vorteil waren, an ihre Grenzen und eigneten sich nicht mehr für die nächste Stufe der menschlichen Entwicklung. Erwartungen von Eltern, die einer bestimmten Epoche der Geschichte genügten, konnten die Entwicklung der Fähigkeiten ihrer Kinder in einer anderen behindern. Ebenso konnten gewisse starke Loyalitäten innerhalb von Verwandtschaftsgruppen, die diese in einer bestimmten Phase gedeihen ließen, in einer späteren Phase zu Hindernissen für die Einheit innerhalb weiter gefasster sozialer Strukturen werden. Und bestimmte Geschlechterrollen, die eine frühe Phase der menschlichen Entwicklung geprägt hatten, konnten letztendlich in einer anderen Phase den Fortschritt der Frauen und der Gesellschaft aufhalten. Die Gedanken und Theorien vergangener Zeiten müssen neu bewertet werden, erklärt ‘Abdu’l-Bahá. Die Menschheit muss jetzt „mit neuen Tugenden und Kräften, mit neuen sittlichen Maßstäben, mit neuen Fähigkeiten erfüllt werden“. Denn „die Gaben und Segnungen der Jugendzeit, wenngleich sie während des Heranwachsens der Menschheit passten und genügten, sind nunmehr außerstande, den Erfordernissen ihrer Reifezeit zu entsprechen.“ Eine Herausforderung für die Bahá’í-Gemeinden in aller Welt besteht also darin, die gegenwärtigen Gepflogenheiten in ihren Gesellschaften zu untersuchen, sie im Lichte der Lehren abzuwägen, alle unerwünschten Tendenzen auszumerzen und zu lernen, neue Muster des Familienlebens zu etablieren, die den Bedürfnissen eines neuen Zeitalters entsprechen.3Natürlich ist es in diesem relativ frühen Stadium nicht möglich, das Wesen der Gestaltungsformen des Familienlebens zu beschreiben, die schließlich in der Blütezeit dieser Sendung hervortreten werden. Außerdem erkennen zwar verschiedene Gesellschaften in verschiedenen Teilen der Welt die Bedeutung starker Familien an, sind aber mit einer Reihe von Kräften konfrontiert, die auf unterschiedliche Weise zur Untergrabung der Familie führen. Gleichwohl wird sich der Lernprozess beschleunigen, der zu einer Bewegung hin zu einem neuen Lebensmuster innerhalb und unter den Familien beiträgt, während die Fähigkeit der Bahá’í-Welt wächst, bestimmte wesentliche Erkenntnisse aus den Lehren anzuwenden.4Folgende Fragen sollten unter anderem berücksichtigt werden: Was sind die Merkmale des Bahá’í-Familienlebens und wie unterscheiden sie sich von der Art und Weise, wie das Familienleben heute in der Gesellschaft verstanden wird? Was sind die kennzeichnenden Merkmale der Bahá’í-Ehe und wie fördert dies das Familienleben? Wie tragen Bahá’í-Familien zum Prozess der Wandlung in Nachbarschaften und Dörfern und darüber hinaus bei? Welches sind die derzeitigen Fallstricke und Hindernisse, mit denen Bahá’í-Familien konfrontiert sind und die sie daran hindern, dieses Ziel zu erreichen? Wie stärkt der Handlungsrahmen der gegenwärtigen Phase des Göttlichen Plans das Familienleben und schafft gleichzeitig Möglichkeiten für lebenssprühende Familien, zum Prozess des Gemeinschaftsaufbaus beizutragen?4_5*5Ein neues Verständnis von Familie beginnt mit einem neuen Verständnis von Ehe. Bahá’u’lláh stellt fest, dass die Ehe nicht nur „der Schlüssel zum Fortbestand des Lebens für die Völker der Welt“ ist, sondern auch „das unergründliche Mittel, um ihre Bestimmung zu erfüllen“.6Für die Bahá’í ist die Ehe nicht nur eine körperliche, sondern auch eine geistige Verbindung, die Auswirkungen auf das Leben in dieser und der nächsten Welt hat. Die Bahá’í-Ehe, so erklärt ‘Abdu’l-Bahá, „bedeutet die Bindung zweier Partner aneinander, ihre gegenseitige Zuneigung mit Kopf und Herz“, so dass sie „einander ständig in ihrem geistigen Leben vervollkommnen“ und „in engster Gemeinschaft miteinander leben“ und sogar „wie eine einzige Seele seien“. In der Bahá’í-Ehe lernen zwei Seelen, sich gegenseitig zu unterstützen, damit beide ihre zweifache moralische Bestimmung erfüllen können – ihre angeborenen gottgegebenen Potenziale zu entwickeln und zum beständigen Voranschreiten der Zivilisation beizutragen. Die Beziehung, die das Paar mit der Eheschließung beginnt, wird sich über Raum und Zeit hinweg auf das Schmieden zahlloser neuer Beziehungen zwischen anderen Menschen auswirken, die ihrerseits wiederum Leben und Gemeinschaften auf konstruktive Weise umgestalten können.7Die Bahá’í-Perspektive der Ehe überwindet die Dichotomien, die den in der Gesellschaft vorherrschenden freizügigen bzw. rückschrittlichen Sichtweisen entspringen. In der Bahá’í-Ehe werden Liebe, Gleichberechtigung, Intimität, Treue, sexuelle Beziehungen, Geburt und Erziehung von Kindern integriert sowie in ihrer Verbundenheit untereinander gestärkt, wodurch eine feste Burg für das persönliche und soziale Wohlergehen geschaffen wird. Freizügige gesellschaftliche Gepflogenheiten untergraben Ehe und Familie, indem sie die beschriebenen Merkmale, die für das menschliche Wohlergehen so wesentlich sind, voneinander trennen, während regressive Praktiken das eine oder andere dieser Merkmale überbetonen oder verzerren, um Familienmitglieder zu unterdrücken. Das Festhalten an den Lehren des Glaubens hilft bei der Lösung solcher Probleme. In den verschiedenen Kulturkreisen der Welt muss noch viel über die Implikationen aller in den Schriften enthaltenen Merkmale der Bahá’í-Ehe gelernt werden. Von zentraler Bedeutung für die Entwicklung einer neuen Form des Bahá’í-Ehelebens ist zum Beispiel der Grundsatz der Gleichberechtigung von Frauen und Männern. Wird dieses Prinzip zwischen Ehefrau und Ehemann innerhalb der Ehe angewandt, festigt sich die Beziehung und gedeiht, und Mädchen und Jungen werden mit einem neuen Verständnis von Gleichwertigkeit und deren praktischer Umsetzung aufwachsen. Die Auswirkungen dieses Prinzips werden sich somit allmählich auf künftige Generationen ausweiten und zum Fortschritt der Frauen beitragen, bis ‘Abdu’l-Bahás Erwartung, dass die Frauen „an den Angelegenheiten der Welt in vollem Umfang und gleichberechtigt“ mitwirken werden, vollständig erfüllt ist. 8Die Ehe begründet eine Familie. Und die gesunden Beziehungen, die die Mitglieder einer Bahá’í-Familie verbinden sollen, beruhen auf Gerechtigkeit und Gegenseitigkeit. Jedes Mitglied muss die ihm zustehenden Rechte erhalten; jedes muss die ihm zukommenden Pflichten erfüllen. „Nach den Lehren Bahá’u’lláhs muss die Familie als Gemeinschaft nach den Regeln der Heiligkeit erzogen werden“, erklärt ‘Abdu’l-Bahá. „Die Unversehrtheit der Familienbande ist stets zu berücksichtigen; die Rechte der Familienmitglieder dürfen nicht verletzt werden.“ Diese gesunden Beziehungen zwischen den Familienmitgliedern erfordern eine bewusste Pflege.9In der Bahá’í-Familie sind die Eheleute echte Partner; keiner ist dem anderen untergeordnet. Gemeinsam begegnen sie den Herausforderungen des Lebens – ob geistig, materiell oder gesellschaftlich – durch Gebet, Studium, Beratung und Reflexion über das Handeln. Nehmen wir zum Beispiel Entscheidungen, die die Erziehung von Kindern betreffen. In den Bahá’í-Schriften wird die Mutter als erste Erzieherin des Kindes anerkannt und ihre diesbezüglichen Vorrechte werden bestätigt. Wie ‘Abdu’l-Bahá bemerkt, sind es wahrlich die Mütter, „die das Glück, die zukünftige Bedeutung, die Liebenswürdigkeit, Bildung und Urteilskraft, das Verständnis und den Glauben ihrer Kleinen vorherbestimmen.” Doch auch der Vater trägt Verantwortung für die Bildung und Erziehung der Kinder, und er kann sich nicht einer solch lebenswichtigen Pflicht entziehen und sie allein der Mutter überlassen. Um die Mutter in dieser Rolle zu unterstützen und sicherzustellen, dass sie dadurch nicht benachteiligt wird, trägt der Vater zwar die entsprechende Verpflichtung, die Familie finanziell zu unterstützen, das bedeutet jedoch nicht, dass die Rollen starr festgelegt sind. Auf der Grundlage ihres Verständnisses der Lehren legen die Eheleute selbst fest, wie sie die Angelegenheiten der Familie am besten regeln, je nach den unterschiedlichen persönlichen und sozialen Umständen. Jede Phase des Ehelebens bringt ihre eigenen Herausforderungen und Möglichkeiten mit sich, die das Paar auf kooperative und effektive Weise zu bewältigen suchen muss, während die Partner gleichzeitig den geistigen, intellektuellen und beruflichen Fortschritt von Ehefrau und Ehemann sicherstellen.10Im unterstützenden Umfeld der Familie bieten Eltern ihren Kindern aufmerksam Anleitung, damit sie lernen, ein sinnvolles und zielgerichtetes Leben der Hingabe, der Tugend und des Dienens zu führen. Um dieses Ziel zu erreichen, fördern Eltern durch ihr Beispiel und die Gestaltung ihres täglichen Lebens und ihrer Interaktionen sowie durch zahllose Gespräche in ihren Kindern liebevoll eine Vielzahl von Eigenschaften, Haltungen, Gewohnheiten und Fähigkeiten zunehmender Komplexität, wobei sie ihre Methoden und Ansätze jeder Phase der kindlichen Entwicklung, vom Säuglingsalter bis zur Reife, anpassen. Von klein auf lernen Kinder, sich Gott zuzuwenden und Ihn zu lieben, zu beten und täglich das Wort Gottes zu rezitieren, sich selbst als edle Seelen zu sehen, die danach streben, geistige Eigenschaften zu entwickeln, andere sich selbst vorzuziehen und diese Eigenschaften in fürsorglichen und kooperativen Beziehungen zum Ausdruck zu bringen. Mit fortschreitender Entwicklung lernen sie, sich an Entbehrungen zu gewöhnen, Selbstdisziplin und Verantwortungsbewusstsein zu üben, das eigene Selbst in den Hintergrund zu stellen und sich Kenntnisse in Künsten und Wissenschaften anzueignen. Und während sie sich zunehmend selbständig in die Welt begeben, lernen sie, eine Haltung des Dienens zu entwickeln, die göttlichen Lehren zu verbreiten und anzuwenden, Meinungsverschiedenheiten zu lösen und an Beratungen teilzunehmen, standhaft im Bund zu bleiben, sich für die Besserung der Welt einzusetzen und sich den Dingen zuzuwenden, die zu unvergänglicher Ehre führen. Die Bahá’í-Schriften bieten Eltern eine unerschöpfliche Quelle an Erkenntnissen, mit denen sie diese und so viele andere lebenswichtige Einstellungen, Fähigkeiten und Fertigkeiten kultivieren können, und das Trainingsinstitut bietet eine unverzichtbare Unterstützung für alle Familienmitglieder, indem es ihr Verständnis und ihre Fähigkeiten vertieft. Es mag auch andere Ressourcen zur Unterstützung der materiellen, sozialen und geistigen Erziehung junger Menschen geben, die die Familie in Anspruch nehmen kann – Schulen, das Gemeindeleben, Dienstprojekte und so weiter. Die letztendliche Verantwortung für die angemessene und vollständige Erziehung der Kinder liegt jedoch bei den Eltern. 11Im Laufe der Zeit entwickeln sich die Beziehungen zwischen den Familienmitgliedern und nehmen unterschiedliche Formen an. Sorgfältig gepflegte Bande der Liebe und Einigkeit unter Geschwistern bieten ein Leben lang Unterstützung und aufbauenden Halt und dienen als Bollwerk gegen kleinliche Eifersüchteleien und Spaltungen, die im Familienleben aufkommen können. Zweifelsohne sind die Rechte und Pflichten erwachsener Kinder nicht dieselben wie in ihrer Jugend. Eltern müssen sensibel auf solche Veränderungen achten, während sie ihre Kinder auf das Erwachsensein vorbereiten, indem sie die Selbständigkeit und Verantwortung in der nächsten Generation während ihres Heranwachsens aufmerksam fördern. Ihr ganzes Leben lang respektieren und ehren junge Menschen ihre Eltern, dennoch müssen sie mit zunehmender Reife ihr Leben und ihre Entscheidungen selbst in die Hand nehmen. Mit der Zeit ändern sich die Verpflichtungen, und ein Kind kann aufgrund der Umstände zunehmend dazu aufgefordert sein, die Eltern im Alter zu unterstützen. 12Die Beziehungen der Kernfamilie sind in immer größer werdende Beziehungskreise eingebettet, angefangen bei der Großfamilie. Großeltern, Tanten, Onkel und Cousins bieten Fürsorge und Unterstützung, die dazu beitragen, den Zweck und die Verantwortlichkeiten der Familie zu erfüllen. Die Merkmale solcher familiären Beziehungen erstrecken sich auch über die Familie hinaus auf Bahá’í und andere Freunde, die einer Familie auf verschiedene Weise zur Seite stehen können. In dem engmaschigen sozialen Netz, das in einer lebenssprühenden Gemeinschaft geknüpft wird, bieten die Älteren Vertiefung, klugen Rat und ein prägendes Vorbild. Andere bringen sich als geistige Tanten und Onkel ein, schenken Zuwendung, nehmen Anteil an der Sorge um den Fortschritt der jungen Menschen und bieten Unterstützung an, die die mühsame Arbeit und die hohen Bestrebungen der Eltern verstärkt. Wie ältere Brüder und Schwestern helfen Jugendliche den Jüngeren auf vielfältige Weise und inspirieren sie. Auf diese Weise wird das Gefühl der Einheit, der Liebe, der Fürsorge, des Vertrauens und der Solidarität, das zunächst in der Familie kultiviert wird, allmählich in das Beziehungsgeflecht der Gemeinschaft eingewoben.13Aufmerksamkeit in finanziellen Angelegenheiten ist ein wesentlicher Aspekt eines kohärenten und blühenden Familienlebens und der Beteiligung der Familie an einer aufstrebenden Gemeinschaft. In der Beratung zwischen Ehefrau und Ehemann und nach Bedarf mit den Kindern wird festgelegt, wie diese materiellen Belange mit den vielen anderen Merkmalen und Verpflichtungen des Familienlebens ins Gleichgewicht gebracht werden sollen. Eine weise und aufmerksame Verwaltung der Familienfinanzen muss viele Überlegungen berücksichtigen, unter anderem, wie Geld verdient, ausgegeben und gespart wird, wie die Bildung und das Wohlergehen der Kinder aufrechterhalten werden, wie viel für die Fonds des Glaubens oder zur Unterstützung von Gemeindeangelegenheiten eingeplant werden soll und wie die Ḥuqúqu’lláh-Verpflichtungen erfüllt werden können. Bei der Beantwortung dieser und vergleichbarer Fragen bietet die Familie einen Raum, in dem man in der Praxis Großzügigkeit, Verantwortung, den Unterschied zwischen Bedürfnissen und Wünschen und den Umgang mit materiellen Mitteln lernen kann.13_6*14Das Bahá’í-Familienleben eröffnet eine Arena für eine dynamische Interaktion mit der breiteren Gesellschaft. Diese Interaktion gedeiht in dem Maße, in dem sich die Familienmitglieder bemühen, die grundlegenden Bahá’í-Lehren in ihrem Leben zum Ausdruck zu bringen. So schafft zum Beispiel die Anwendung des bereits erwähnten Prinzips der Gleichberechtigung von Frauen und Männern eine besondere Beziehung zwischen Ehefrau und Ehemann sowie zwischen den Kindern und der gesamten Familie und bereitet die Familienmitglieder darauf vor, zu Interaktionen in der Gesellschaft beizutragen, die das Potenzial aller freisetzen. Ebenso erfordert das Festhalten am Prinzip der Einheit der Menschheit, dass Kindern Erfahrungen vermittelt werden, die sie vor Vorurteilen jeglicher Art schützen und ihre Wertschätzung für Vielfalt fördern, was zur Fähigkeit beiträgt, in einer gespaltenen Welt Beziehungen der Einheit und des Einsseins zu schaffen. Die Förderung der Fähigkeit zur Erforschung der Wahrheit, zur Wertschätzung der Harmonie von Wissenschaft und Religion, zur Beilegung von Meinungsverschiedenheiten und zur Entscheidungsfindung durch Beratung und Zusammenarbeit anstelle von Streit und Kampf ermächtigt zudem die Familienmitglieder, wirksame Akteure in einem Prozess des sozialen Wandels zu sein. Und die Entwicklung von Eigenschaften wie Gerechtigkeit und Mitgefühl unter den Familienmitgliedern bereitet die Kinder darauf vor, gesunde und ausgewogene Beziehungen zu anderen Menschen in der Gesellschaft aufzubauen. Das Bemühen zu lernen, die Lehren in der Familie anzuwenden, erzeugt daher in den Kindern eine Vision, die über die Familie an sich hinausgeht, und schärft das Bewusstsein für die Bedingungen und Bedürfnisse der Völker der Welt.15Die Entwicklung eines neuen Musters des Familienlebens wirkt auch den Kräften des Zerfalls entgegen, die ein typisches Merkmal eines Zeitalters im Umbruch sind. Diese Kräfte, die die Gesellschaft von allen Seiten angreifen, treffen besonders die Familie, indem sie ihre Bande zerreißen und ihren Mitgliedern, insbesondere den Kindern, einen hohen Tribut abverlangen. Sie können die Familienmitglieder einigen der höchst zerstörerischen sozialen Missstände aussetzen: einem Fehlen von Liebe und Fürsorge, der Vernachlässigung der Geistigkeit, der Entmenschlichung, Armut, Unsicherheit und Gewalt. Die Menschen sind versucht, sich einem Leben der materiellen Ablenkungen oder der persönlichen Befriedigung hinzugeben und werden so zu bloßen Objekten, die von denen manipuliert werden, die der Gesellschaft ihre Vorstellungen aufzwingen wollen. Gegensätzliche Ideologien und Identitäten, die mit den Idealen der Einheit der Menschheit und einer friedlichen Welt unvereinbar sind, buhlen um die Gunst der Massen und wetteifern miteinander um Überlegenheit. Einige dieser Bewegungen säen die Saat von Vorurteilen und Fanatismus, die letztlich zu Entfremdung, Konflikten und Streit unter den Völkern der Welt führen. Andere mögen scheinbar mit einigen Aspekten der Lehren übereinstimmen, nur um die Freunde später auf subtile Weise vom geraden Pfad Bahá’u’lláhs abzubringen. Die mit dem Prozess des Zerfalls verbundenen Kräfte wirken sich auf verschiedene Bevölkerungsgruppen in unterschiedlicher Weise aus. Die Familie und die Gemeinschaft als Ganzes müssen lernen, die bestehenden Verhältnisse zu untersuchen, diese Kräfte in ihrer Art und ihren Auswirkungen zu begreifen und in vollem Vertrauen auf den göttlichen Beistand Maßnahmen zur Vorbeugung und Abhilfe zu entwickeln, um den turbulenten Stürmen eines gefahrvollen Zeitalters standzuhalten. 16Der innige Zusammenhalt der Familienmitglieder und ihr aufrichtiger Wunsch, anderen zu dienen, eröffnen einen einzigartigen sozialen Raum: ein Bahá’í-Heim. Ein lebenssprühendes Bahá’í-Heim ist ein unersetzliches Element im Prozess des Gemeinschaftsaufbaus an der Basis. In der liebevollen Umgebung des Heims unterstützen sich die Familienmitglieder gegenseitig darin, fähige und zuversichtliche Protagonisten des Göttlichen Plans zu werden; sie heißen andere willkommen und helfen ihnen, an der Wandlung der Gesellschaft mitzuwirken. In einem Bahá’í-Heim verbindet sich herzliche Gastfreundschaft mit geistiger Belebung und intellektuellem Fortschritt. Durch Aktivitäten, die jede Bahá’í-Familie in ihrem Heim anbieten kann, demonstriert sie eine Lebensweise, die all jenen als Beispiel dienen kann, die versuchen, den spaltenden Kräften, die Unzufriedenheit, Konflikte und Eigennutz nähren, entgegenzuwirken; ebenso kann die Bahá’í-Familie die Bande des Vertrauens, der Zusammenarbeit und des konstruktiven Handelns knüpfen, von denen eine gesunde Gemeinschaft abhängt. In der Tat öffnen in einer Reihe von Clustern weltweit bereits Gruppen von Familien ihre Häuser und arbeiten zusammen, um Aktivitäten vor Ort zu stärken und ihre Reichweite und ihren Einfluss erheblich zu vergrößern.17Das Konzept eines kohärenten Lebens im Dienst ist für das Leben der Familie ebenso relevant wie für das Leben des Einzelnen. Die komplexen Anforderungen und Möglichkeiten, denen sich die Familie gegenübersieht, entwickeln sich im Laufe der Zeit ständig weiter. Im Allgemeinen stärkt das gemeinsame Voranschreiten auf dem Pfad des Dienstes die Familie und hilft ihr, ihre zahlreichen Verantwortlichkeiten in jeder Lebensphase ihrer Mitglieder wahrzunehmen. Zu bestimmten Zeiten, wenn sich die Möglichkeit eines noch anspruchsvolleren Dienstes ergibt – sei es für ein Mitglied oder für die Familie als Ganzes –, können die Bande der Unterstützung in einer hingebungsvollen Bahá’í-Familie die rückhaltlose Annahme eines solchen aufopferungsvollen Unterfangens möglich machen. In solchen Momenten ist es wichtig, sich das Wesen des Opfers vor Augen zu halten, das, wie ‘Abdu’l-Bahá erklärt, darin besteht, die Sorgen um die Dinge dieser Welt für die Dinge Gottes aufzugeben. Opfern ermöglicht einen noch größeren Dienst, aber es ist nicht die Familie selbst, die geopfert werden soll.17_7*18Wenn wir die Fortschritte des Neunjahresplans betrachten, sind wir von Ehrfurcht und tiefer Wertschätzung für die hingebungsvollen Anstrengungen der Freunde erfüllt. Weltweit sehen wir unter verschiedenen Bedingungen eine Reihe von aufopferungsvollen Bemühungen, die als Ergebnis der Zusammenarbeit von Einzelnen, Gemeinden und Institutionen entstanden sind, bei denen die Freunde aufgeschlossene Bevölkerungsgruppen in einen Prozess der Gemeinschaftsbildung einbeziehen, eine Reihe von Projekten zur Bildung und sozialen Besserung initiieren, das Wirken des Glaubens an neue Orte tragen und die vielen Verpflichtungen in Einklang bringen, die zu einem kohärenten Leben des Dienstes gehören. Und trotz der Beschränkungen durch Unterdrückung oder die Umwälzungen einer zerrütteten Welt halten die Freunde an ihren hohen Zielen fest. Zahllose Menschen auf der ganzen Welt bemühen sich im Rahmen ihrer Lebensumstände und Fähigkeiten, die gesellschaftsbildende Kraft des Glaubens in immer größerem Maße freizusetzen. Zu diesem Zweck wird die Rolle, die Bahá’í-Familien spielen, in den kommenden Jahren und Jahrzehnten immer wichtiger und wirkungsvoller werden. Alle Freunde können einen entscheidenden Beitrag zur Stärkung dieses wesentlichen Bestandteils des Bahá’í-Lebens leisten.19„Mein Haus ist ein Haus des Friedens“, soll ‘Abdu’l-Bahá gesagt haben. „Mein Haus ist ein Haus frohen Glücks. Mein Haus ist ein Haus hellen Lachens. Wer immer durch die Pforten dieses Hauses tritt, gehe von dannen mit freudigem Herzen. Dies ist ein Haus des Lichtes; wer immer hier eintritt, werde erleuchtet.“ Mögen Ihre Familien und Häuser, liebe Freunde, in zunehmendem Maße zu einem Zufluchtsort und einer Stütze für die ganze Menschheit werden.19_8[gezeichnet: Das Universale Haus der Gerechtigkeit]
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