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0_1Das Universale Haus der Gerechtigkeit0_29. März 19650_3An einen Nationalen Geistigen Rat0_4(Der folgende Brief, in dem Fragen über das Universale Haus der Gerechtigkeit beantwortet wurden, war an einen Nationalen Geistigen Rat gerichtet. Er wurde zur Unterrichtung der Bahá’í in aller Welt zur Veröffentlichung freigegeben.)1Wir freuen uns, daß Sie Fragen, die bei einigen Gläubigen Verwirrung gestiftet haben, zu unserer Kenntnis brachten. Es ist weitaus besser, daß solche Fragen offen und frei gestellt werden, als daß sie die Herzen ergebener Gläubiger belasten, ohne geäußert zu werden. Wenn man erst einmal bestimmte Grundprinzipien der Offenbarung Bahá’u’lláhs verstanden hat, sind Ungewißheiten dieser Art schnell beseitigt. Das soll nicht heißen, die Sache Gottes enthalte nichts Geheimnisvolles. In der Tat gibt es Geheimnisse, aber sie sind nicht von der Art, daß sie den Glauben ins Wanken bringen könnten, wenn erst einmal die wesentlichen Lehren der Sache und die unleugbaren Tatsachen einer gegebenen Situation klar geworden sind.2Die von verschiedenen Gläubigen aufgeworfenen Fragen gliedern sich in drei Gruppen. Im Mittelpunkt der ersten Gruppe stehen folgende Fragen: Warum wurden Schritte für die Wahl eines Universalen Hauses der Gerechtigkeit eingeleitet, obwohl man im voraus wußte, daß es keinen Hüter mehr geben werde? War die Zeit reif für dieses Vorgehen? Hätte nicht der Internationale Bahá’í-Rat die Arbeit weiterführen können?3Die Grundlage der Wahl:4Zur Zeit des Todes unseres geliebten Shoghi Effendi war es nach den Umständen und den ausdrücklichen Erfordernissen der Heiligen Schriften offenkundig, daß es ihm unmöglich gewesen war, gemäß den Bestimmungen des Willens und Testaments `Abdu’l-Bahás einen Nachfolger zu ernennen. Diese Situation, in der der Hüter starb, ohne in der Lage zu sein, einen Nachfolger zu bestellen, warf eine in Dunkel gehüllte Frage auf, die vom ausdrücklichen Heiligen Text nicht behandelt ist und demnach dem Universalen Haus der Gerechtigkeit zu unterbreiten war. Die Freunde sollten klar verstehen, daß vor der Wahl des Universalen Hauses der Gerechtigkeit keine Kenntnis darüber bestand, daß es keinen Hüter mehr geben werde. Es konnte kein solches Vorherwissen geben, einerlei, welche Meinung einzelne Gläubige über die Frage haben mochten. Weder die Hände der Sache Gottes, noch der Internationale Bahá’í-Rat, noch irgendeine andere bestehende Körperschaft waren in der Lage, eine Entscheidung über diese Angelegenheit von überragender Bedeutung zu fällen. Nur das Haus der Gerechtigkeit hatte die Autorität, darüber zu befinden. Dies war einer der dringenden Gründe dafür, die Wahl des Universalen Hauses der Gerechtigkeit so bald wie möglich anzusetzen.5Nach dem Hinscheiden Shoghi Effendis wurde die internationale Verwaltung des Glaubens von den Händen der Sache Gottes fortgeführt, die dabei das volle Einverständnis und die Treuebekundung der Nationalen Geistigen Räte und der Gesamtheit der Gläubigen hatten. Dies geschah im Einklang mit der vom Hüter für die Hände der Sache festgelegten Bestimmung, die »Hauptsachwalter des keimhaften Weltgemeinwesens Bahá’u’lláhs« zu sein.6Von Anbeginn der Übernahme dieses Verwahreramtes für die Sache Gottes an waren sich die Hände bewußt, daß - nachdem sie keine Gewißheit der göttlichen Führung hatten, wie sie dem7
Hüter und dem Universalen Haus der Gerechtigkeit unanfechtbar zugesichert ist - der einzige sichere Kurs für sie war, mit unbeirrbarer Standhaftigkeit den Anweisungen und Richtlinien Shoghi Effendis zu folgen. Die ganze Religionsgeschichte verzeichnet keinen vergleichbaren Bericht über eine derart strikte Selbstdisziplin, solch absolute Loyalität und eine so vollständige Selbstverleugnung seitens der Führer einer Religion, die sich plötzlich ihres göttlich inspirierten Oberhauptes beraubt sahen. Die Dankesschuld, welche die Menschheit auf Generationen, nein Zeitalter hinaus dieser Handvoll leidgeprüfter, standhafter, heroischer Seelen abzutragen hat, läßt sich nicht abschätzen.8Der Hüter hatte der Bahá’í-Welt ausdrückliche und ins einzelne gehende Pläne für den Zeitraum bis Ridván 1963, also bis zum Ende des Zehnjahres-Kreuzzuges gegeben. Von diesem Zeitpunkt an war weitere göttliche Führung notwendig, sollte der Glaube nicht in Gefahr geraten. Dies war der zweite dringende Grund für die Einberufung der Wahlversammlung für das Universale Haus der Gerechtigkeit. Die Richtigkeit des Zeitpunktes wurde ferner bestätigt durch Stellen in Shoghi Effendis Briefen, wonach auf den Zehnjahres-Kreuzzug andere Pläne unter der Leitung des Universalen Hauses der Gerechtigkeit folgen sollten. Eine dieser Quellen ist der folgende Abschnitt aus einem Brief an den Nationalen Geistigen Rat der Britischen Inseln vom 25. Februar 1951 über dessen Zweijahresplan, der dem Zehnjahres-Kreuzzug unmittelbar voranging:9»Vom Erfolg dieses Unternehmens, das beispiellos in seinen Ausmaßen, einzigartig in seinem Charakter und unermeßlich in seinen geistigen Möglichkeiten ist, muß in einer späteren Periode des Gestaltenden Zeitalters unseres Glaubens die Inangriffnahme von Vorhaben abhängen, welche in ihrem Umfang alle Nationalen Räte der ganzen Bahá’í-Welt umfassen - Vorhaben, die ihrerseits wieder den Auftakt zur Inangriffnahme weltweiter Unternehmungen bilden, welche in zukünftigen Abschnitten dieses gleichen Zeitalters vom Universalen Haus der Gerechtigkeit aufgegriffen werden, das die Einheit dieser Nationalen Räte symbolisieren und ihre Tätigkeiten aufeinander abstimmen und vereinheitlichen wird.«10Nachdem die Hände sechs Jahre lang die Sache Gottes geleitet hatten, riefen sie in absolutem Glauben an die Heiligen Schriften die Gläubigen auf, das Universale Haus der Gerechtigkeit zu wählen, und gingen sogar so weit, zu bitten, daß sie selbst nicht gewählt werden sollten.11Der einzige traurige Fall, daß jemand den Verlockungen der Macht unterlag, war der bemitleidenswerte Versuch Charles Mason Remeys, das Hütertum an sich zu reißen.12Die folgenden Auszüge aus einem Sendschreiben `Abdu’l-Bahás legen klar und deutlich die Grundsätze dar, mit denen die Freunde bereits aus dem Willen und Testament des Meisters und aus zahlreichen Briefen Shoghi Effendis vertraut sind, und erläutern die Grundlage für die Wahl des Universalen Hauses der Gerechtigkeit. Dieses Sendschreiben wurde vom geliebten Hüter selbst in den ersten Jahren seines Amtes zum Umlauf unter den Freunden nach Persien gesandt:13»... denn `Abdu’l-Bahá befindet sich in einem Sturm von Gefahren und verabscheut Meinungsverschiedenheiten grenzenlos... Preis sei Gott, es gibt keine Gründe für Verschiedenheiten.« (Pers./Arab. Sendschreiben von Abdu’l-Bahá, Band III, p.499)14»Der Báb, der Erhabene, ist der Morgen der Wahrheit, dessen Licht mit seinem Glanz durch alle Regionen strahlt. Auch ist Er der Vorbote des Größten Lichtes, der Sonne Abhá. Die Gesegnete Schönheit ist der Verheißene der heiligen Bücher der Vergangenheit, die Offenbarung der Quelle des Lichtes, das auf dem Berg Sinai erstrahlte, dessen Feuer inmitten15
des Brennenden Busches erglühte. Wir sind, einer und alle, Diener an Ihrer Schwelle und stehen als bescheidene Torwächter an Ihrer Tür.« (Pers./Arab. Sendschreiben von Abdu’l- Bahá, Band III, p.499)16»Was ich zum Ausdruck bringen will, ist, daß vor Ablauf von tausend Jahren niemand das Recht hat, ein einziges Wort zu äußern, nicht einmal, die Stufe des Hütertums in Anspruch zu nehmen. Das Heiligste Buch ist das Buch, dem sich alle Völker zuzuwenden haben; in ihm wurden die Gesetze Gottes offenbart. Gesetze, die in dem Buch nicht erwähnt sind, sollten dem Universalen Haus der Gerechtigkeit zur Entscheidung unterbreitet werden. Es wird keine Gründe für Meinungsverschiedenheiten geben... Hütet euch, hütet euch, damit nicht irgendwer eine Spaltung schaffe oder Aufruhr verursache. Sollte es Verschiedenheiten in der Auffassung geben, so wird das Oberste Haus der Gerechtigkeit unverzüglich die Frage lösen. Was immer seine Entscheidung - durch Stimmenmehrheit - sein wird, wird tatsächlich die Wahrheit sein; denn jenes Haus steht unter dem Schutz, unter der nie irrenden Führung und Fürsorge des einen wahren Herrn. Er wird es vor Irrtum behüten und wird es beschützen unter den Schwingen Seiner Heiligkeit und Unfehlbarkeit. Wer sich ihm widersetzt, ist ausgestoßen und zählt letztlich zu den Unterlegenen.« (Pers./Arab. Sendschreiben von Abdu’l-Bahá, Band III, p.500)17»Das Oberste Haus der Gerechtigkeit ist nach dem System zu wählen, das bei der Wahl der Parlamente Europas befolgt wird. Und würden die Länder geführt, würden die Häuser der Gerechtigkeit der verschiedenen Länder das Oberste Haus der Gerechtigkeit wählen.« (Pers./Arab. Sendschreiben von Abdu’l-Bahá, Band III, p.500)18»Wann immer alle Geliebten Gottes in jedem Land ihre Abgeordneten benennen, diese ihrerseits ihre Vertreter wählen und diese Vertreter hinwiederum eine Körperschaft wählen, ist diese Körperschaft als das Oberste Haus der Gerechtigkeit anzusehen.« (Pers./Arab.19Sendschreiben von Abdu’l-Bahá, Band III, p.501)20»Die Errichtung dieses Hauses ist nicht vom Übertritt aller Nationen der Welt zum Glauben abhängig. Wenn zum Beispiel die Verhältnisse günstig wären und keine Unruhen entstünden, würden die Freunde in Persien ihre Vertreter wählen, und genauso würden die Freunde in Amerika, in Indien und anderen Gebieten ihre Vertreter wählen, und diese würden ein Haus der Gerechtigkeit wählen. Dieses Haus der Gerechtigkeit wäre das Oberste Haus der Gerechtigkeit. Das ist alles.« (Pers./Arab. Sendschreiben von Abdu’l-Bahá, Band III, p.501)21Die Freunde sollten sich vergegenwärtigen, daß nichts in den Texten darauf hinweist, daß die Wahlversammlung für das Universale Haus der Gerechtigkeit nur vom Hüter einberufen werden könnte. Im Gegenteil, `Abdu’l-Bahá faßte diese Einberufung zu Seinen eigenen Lebzeiten ins Auge. Zu einer Zeit, die vom Hüter als »die dunkelsten Augenblicke Seines (des Meisters) Lebens« beschrieben wurde, »unter dem Regime `Abdu’l-.Hamíds, als Ihm bevorstand, in die unwirtlichsten Gegenden Nordafrikas verschleppt zu werden«, und als sogar Sein Leben bedroht war, schrieb `Abdu’l-Bahá an .Hájí Mírzá Taqí Afnán, den Vetter des Báb und eigentlichen Erbauer des Tempels von `Ishqábád, und befahl ihm, für die Wahl des Universalen Hauses der Gerechtigkeit Sorge zu tragen, falls die Drohungen gegen den Meister verwirklicht würden. Auch der zweite Teil des Testaments `Abdu’l-Bahás trägt einer derartigen Situation Rechnung und sollte von den Freunden studiert werden.22Die Unfehlbarkeit:23
Der zweite Problemkreis, der einige Freunde beunruhigt, betrifft die Frage der Unfehlbarkeit des Universalen Hauses der Gerechtigkeit und seine Funktionsfähigkeit ohne die Gegenwart des Hüters. Eine besondere Schwierigkeit ist beim Verständnis der folgenden Erklärung des geliebten Hüters aufgetreten:24»Abgesondert von der Institution des Hütertums wäre die Weltordnung Bahá’u’lláhs verstümmelt und dauernd des Grundsatzes der Erblichkeit beraubt, der, wie `Abdu’l-Bahá schreibt, unverändert durch das Gesetz Gottes hochgehalten worden ist. `In allen göttlichen Sendungen’, so erklärt Er in einem an einen Anhänger des Glaubens in Persien gerichteten Sendschreiben, `ist dem ältesten Sohne eine außerordentliche Auszeichnung zuteil geworden. Sogar die Stufe der Prophetenschaft ist das Recht seiner Erstgeburt gewesen.’ Ohne eine solche Einrichtung würde die Ganzheit des Glaubens gefährdet; die Reißfestigkeit seines Gewebes wäre schwer bedroht. Sein Ansehen litte, die Mittel für einen weiten ununterbrochenen Ausblick auf eine Reihe von Generationen fehlten völlig, und die notwendige Führung bei der Festlegung des Gesetzgebungsbereichs seiner gewählten Vertreter wäre dahin.« (WOB S.212f)25Die Freunde, die zum gegenwärtigen Zeitpunkt ein klareres Verständnis dieser Textstellen erstreben, mögen sie im Lichte der vielen anderen Texte betrachten, die sich mit demselben Gegenstand befassen, zum Beispiel die folgenden, aus den Briefen Shoghi Effendis ausgewählten Zitate:26»Sie haben auch in eindeutiger und eindringlicher Sprache die Zwillingsinstitutionen des Hauses der Gerechtigkeit und des Hütertums als ihre erwählten Nachfolger eingesetzt und ihnen die Aufgabe übertragen, die Grundsätze anzuwenden, die Gesetze zu verkünden, die Institutionen zu schützen, den Glauben bündnistreu und vernunftgemäß den Erfordernissen einer fortschreitenden Gesellschaft anzupassen und das unverbrüchliche Erbe zu vollenden, das die Stifter dieses Glaubens der Welt hinterlassen haben.« (WOB S.38)27»Jeder Gläubige muß auch voll begreifen, daß die Institution des Hütertums die Gewalten, die Bahá’u’lláh dem Universalen Haus der Gerechtigkeit im Kitáb-i-Aqdas verliehen und die28`Abdu’l-Bahá wiederholt und feierlich in Seinem Testament bestätigt hat, unter keinen Umständen aufhebt oder sie im geringsten schmälert. Das Hütertum stellt auf keinen Fall einen Widerspruch zu dem Testament und den Schriften Bahá’u’lláhs dar, noch hebt es irgendeine Seiner offenbarten Weisungen auf. Es steigert das Ansehen jener erhabenen Ratsversammlung, festigt ihren höchsten Rang, sichert ihre Einheit, wahrt die Beständigkeit ihrer Bemühungen, ohne sich im mindesten einen Verstoß gegen die Unverletzlichkeit ihres klar bestimmten Rechtsbereichs anzumaßen. Wir stehen einer derart gewaltigen Urkunde wirklich noch zu nahe, um für uns selbst ein volles Verständnis aller in ihr verborgenen Wirkkräfte beanspruchen oder behaupten zu können, wir hätten die mannigfachen Geheimnisse begriffen, die sie ohne Zweifel enthält.« (WOB S.22f)29»Aus diesen Darlegungen wird unzweifelhaft klar und deutlich, daß der Hüter des Glaubens zum Ausleger des Wortes gemacht und dem Universalen Haus der Gerechtigkeit die Gesetzgebungsgewalt für die Gegenstände verliehen worden ist, die nicht ausdrücklich in den Lehren offenbart sind. Die Auslegung durch den Hüter ist innerhalb seines Bereiches ebenso autoritativ und bindend wie die Entscheidungen des Internationalen Hauses der Gerechtigkeit, dessen ausschließliches Recht und Privileg es ist, über solche Gesetze und Anordnungen zu befinden und letztgültig zu entscheiden, die Bahá’u’lláh nicht ausdrücklich offenbart hat.30
Keine von beiden Institutionen kann und wird je in das geweihte und festgelegte Gebiet der anderen übergreifen, keine von ihnen versuchen, die besondere, unbestrittene Amtsgewalt zu schmälern, mit der beide von Gott her ausgestattet wurden.« (WOB S.215)31»Jede übt innerhalb der ihr gesetzten Grenzen ihre Gewalt, Autorität, Rechte und Vorrechte aus, und diese stehen weder in Widerspruch zueinander, noch schmälern sie im geringsten die Stellung, welche jede dieser Institutionen einnimmt.« (WOB S.212)32»Obwohl der Hüter des Glaubens zum ständigen Haupt einer so erhabenen Körperschaft gemacht worden ist, kann er doch nie, und wäre es nur vorübergehend, das Recht ausschließlicher Gesetzgebung beanspruchen. Er kann die Entscheidung der Mehrheit seiner Mitglieder nicht umstoßen...« (WOB S.215)33Vor allem anderen mögen die Herzen der Freunde durch die folgenden Worte Bahá’u’lláhs Gewißheit erfahren:34»Die Hand der Allmacht hat Seine Offenbarung auf einen unverletzlichen, dauerhaften Grund gestellt. Stürme menschlichen Streites vermögen ihre Grundfesten nicht zu schwächen, noch werden die wunderlichen Ideen der Menschen ihrem Aufbau schaden können.« (WOB S.165)35und gleichermaßen durch die Worte Abdu’l-Bahás:36»Wahrlich, Gott tut, was Er will. Nichts kann Sein Bündnis zunichte machen. Nichts kann Seine Gnade und Gunst aufhalten oder Seiner Sache widerstehen. Er tut durch Seinen Willen, was Ihm beliebt, und Er ist mächtig über alle Dinge!« (TAB III p.598)
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